Die Besonderheiten an der Natursteinfassade der Neuen Burg
Die Natursteinfassade der Neuen Burg in Wien verfügt über vier Etagen mit reichen Verzierungen. Sie erhebt sich prunkvoll im Stil der Neorenaissance. Mit ihren 170 Metern Breite wurde sie auf den Burggarten ausgerichtet. Die Fassade aus Kalkstein besticht mit einer Gliederung durch einen Mittelrisalit und zwei Eckrisalite. Diese treten aus der Natursteinfassade ein wenig hervor.
Der Begriff Risalit stammt aus dem Italienischen und bezeichnet einen Vorsprung, der auf ganzer oder halber Höhe des Gebäudes horizontal hervorspringt. Der Risalit zählt zu den typischen Gestaltungsmitteln der Architekten während der Zeit der Renaissance und des Barock.
Die Abschnitte zwischen den Risaliten bestehen aus einer Struktur von je neun Fensterachsen. Die Verzierungen der Fenster wechseln sich im Bereich des Erdgeschosses mit kunstvoll angefertigten Dreiecksgiebeln und Bögen mit Serliana Motiv aus Naturstein ab. Glatte Mauerflächen der beiden Obergeschosse mit Umrahmungen der Fenster aus Rundbögen und Dreiecksgiebeln bilden zu den beiden unteren, kräftig rustizierten Geschossen einen dekorativen Kontrast.
Starke Verschmutzungen und Schäden durch Verwitterung und Krieg
Vor Beginn der Sanierungsarbeiten im Jahr 2018 litt die verschmutzte und geschwärzte Natursteinfassade unter verschiedenen Ausbrüchen an den Mauerflächen und den Bauverzierungen, die durch thermische Ausdehnung und Verwitterung hervorgerufen wurden. Zudem zeigten sich alte Beschädigungen wie Einschusslöcher und Treffer von Splittern. Diese entstanden aufgrund kriegerischer Handlungen am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Das Erscheinungsbild der Natursteinfassade wirkte ursprünglich nahezu einfarbig und hell. Dafür wurden bei der Erbauung der Neuen Burg in Wien zwei verschiedene Kalksteine verwendet, die aus Marzana, Istrien und von der kroatischen Insel Brač stammen und sich in der Textur und Farbe sehr ähnlich sind.
Das Sanierungskonzept im Rahmen der Denkmalpflege
Ziel des denkmalpflegerischen Konzeptes war die vollständige Rekonstruktion des ursprünglichen Erscheinungsbildes zwischen dem mittigen Risalit und dem Eckrisalit im Westen. Nach dem Reinigen des gesamten Teils der Fassade durch ein Niederdruck-Sandstrahl-Verfahren folgte eine Bohrwiderstandsmessung. Damit wurde die Festigkeit der einzelnen Steinpartien geprüft. Der Gesamtzustand der Fassade erwies sich als gut. Mithilfe von Steinergänzungsmörtel konnten Schäden durch Witterung, Ausbrüche in Mauern und kleinere Fehlstellen, beschädigte Fugen und Fugenabschnitte geschlossen werden. Fehlstellen an Verzierungen, Figuren und Ornamenten wurden kunstvoll mit Restaurier-Mörtel und Vierungen ergänzt. Bei Schäden an den architektonischen Elementen fanden traditionelle Vierungen vom Steinmetz Verwendung.
Im Bereich der Naturstein-Restaurierung gehört die Anfertigung von Vierungen zu den handwerklichen Arbeiten eines traditionellen Steinmetz-Betriebes wie Schreiber & Partner. Beim Vorliegen einer Fehlstelle in der zu sanierenden Fläche arbeitet der Steinmetz mit speziellen Werkzeugen diese Fehlstelle von Hand rechtwinklig aus. Er entfernt die angegriffene Bausubstanz. Dabei achtet er darauf, dass so wenig wie möglich Substanz verloren geht. Im Anschluss fertigt der Steinmetz einen millimetergenauen Ersatz aus Naturstein. Dieser wird passgenau mit Versetz-Mörtel verkeilt oder eingefügt.